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 Gerald Hartl

„Gnosis habe ich gewonnen!“

                                                                                                                    

Dieser Ausspruch von Clemens aus dem Roman „Raubfischer in Hellas“ von Werner Helwig ist für mich bezeichnend für ein Leben, wie Alfons Hochhauser es führte.

So ungefähr vor zwanzig Jahren schlenderte ich zufällig an einem Tisch mit Büchern vorbei, die vor einer Gemeindebücherei ausgesondert waren. Ein Schild wies daraufhin, dass man sich einfach ein Buch für einen geringen Obolus aussuchen solle. So hatte ich unwillkürlich einen Roman in der Hand, dessen Titel und Autor ich nicht kannte. Es war eine Ausgabe von 1972: Werner Helwig, „Raubfischer in Hellas“. Der Titel gefiel mir auf Anhieb und ich nahm das Buch mit nach Hause.

Dazu muss ich sagen, es war nicht von ungefähr, dass mir der Titel zusagte. Ich bin seit langem ein Griechenlandliebhaber, war schon 1979 auf dem Peloponnes und liebe Natur, Menschen und Landschaften Griechenlands sehr. Somit war ich natürlich prädestiniert, ein Fan dieses wunderbaren Buches zu werden. Es faszinierte mich von Anfang an. Die Erlebnisse von Clemens und diese großartigen Naturbeschreibungen von Helwig, sei es an Land oder auf dem Meer, begeisterten mich. Sehr interessant und lehrreich fand ich auch die Beschreibung des griechischen Fischerlebens in den 1930er Jahren. Der Abenteurer Clemens zog mich in den Bann, und ich dachte mir, aus welch einer großen Phantasie diese Fiktion geboren wurde. Auffällig fand ich das viele Insiderwissen schon. Ein Österreicher in den 1930er Jahren mitten in Griechenland, umringt von griechischen Haudegen - unfassbar, denn Tourismus war ja noch unbekannt.

Die Beschreibung der Dynamitfischerei und ihren Folgen für die Fortpflanzung der Fische aber auch das Ausplündern des griechischen Meeres durch große Fangschiffe mit Schleppnetzen, und die Prophezeihung heutiger Verhältnisse bezüglich des Fischbestandes, all das ist Bestandteil dieses großartigen Romans.

Als Freund der mediterranen Küche genoss ich die Schilderung der Zubereitung des Tintenfisches am Strand von Chorefto. Und das in einer Zeit als man Oktopus lukullisch betrachtet in Deutschland kaum kannte. Ebenso die Beschreibung des Sonnenaufgangs über dem Berg Athos. Großartig!

Zwanzig Jahre später im Jahr 2015, verbrachten meine Frau und ich unseren Urlaub auf der Halbinsel Kassandra/Chalkidike. Bei den Reisevorbereitungen kam mir der Roman von Helwig wieder in den Sinn. Von der Westküste Kassandras, sieht man ja auch hinüber zum Pelion, genauso wie in der anderen Richtung zum Berg Athos. Zum zweiten Mal war ich wieder hin und weg beim Lesen dieses Buches. Dass ich mich in der Nähe der Handlungsorte befand, tat sein Übriges. Auch dieser wunderbare Ausspruch von Clemens „Gnosis habe ich gewonnen“, fiel ja in Porto Kufo auf Chalkidike[1].

Nachdem mich die Begeisterung wieder gepackt hatte, kam mir der Gedanke, ich könnte ja mal nach Werner Helwig usw. „googeln“. Bei meiner ersten Lektüre vor 20 Jahren war das noch nicht möglich. Nun folgte was kommen musste, ich stieß auf die Alfons-Hochhauser-Website.

Völlig überrascht und fasziniert erfuhr ich, dass die Person Clemens wirklich lebte. Aber nicht nur der Protagonist des Romans ist Wirklichkeit, sondern auch die gesamten Schauplätze wie Mizella, die Kuluri-Bucht, das Kloster Flambouri, Limniona mit dem Schlangenbrunnen und die verschiedenen Kapellen sind real. Diese Internetseite ließ mich nicht mehr los. Die vielen Informationen über Alfons Hochhauser, die Videofilme und Fotos sog ich förmlich in mein Bewusstsein auf. Auch der Streit zwischen Hochhauser und Helwig wegen der Film- und Romanrechte beschäftigte mich intensiv. Leider ist der Film ja eine Katastrophe[2].

Persönlich finde ich es sehr schade, dass die Freunde Helwig und Hochhauser in Streit gerieten. Beide sind gleichermaßen stark an dem Erfolg dieses wunderbaren, lehrreichen Romans beteiligt, Hochhauser durch seinen abenteuerlichen Lebensstil genauso wie Helwig mit seinem schriftstellerischen Geschick und seinem Interesse an Natur und hellenischem Leben.

Wie eine Vorsehung, kann man dieses Aufeinandertreffen der beiden Freunde betrachten. Darauf folgen zwei große Geschichten mit einer enormen Vielschichtigkeit. Einmal der Roman in dem die Fiktion nur als Klebstoff für wahre Ereignisse dient und zum Zweiten dieses abenteuerliche und fast symbolische Leben von Alfons Hochhauser. Eines ist gewiss, ohne Hochhauser würde es den Roman „Raubfischer in Hellas“ nicht geben.

Der Roman ist also nur der erste Abschnitt. Der zweite Abschnitt, Hochhausers Leben sozusagen nach dem Roman, bis in die moderne Zeit und seinem außergewöhnlichem Freitod, bietet so viel Erstaunliches und Abenteuerliches wie kaum ein anderes Leben. Das Lebenswerk von Hochhauser besteht nicht in materiellen Werten, sondern in der fast prophetischen Art der Lebensgestaltung nach dem Motto „Weniger ist Mehr“. Dies ist seine Gnosis.

Mit seinem Wunsch sein Leben mit und in der Natur gleichsam indianisch zu gestalten ist er ein Symbol dafür, dass der Mensch als Teil der Natur dafür verantwortlich ist, diese als Lebensgrundlage zu achten und zu schützen. Alfons Hochhauser gilt in Griechenland zu Recht als Pionier eines sanften, naturnahen Tourismus. Aber auch Helwigs Raubfischer-Roman hat mit seiner Thematik der Gewalt gegen Mensch und Natur nichts an Aktualität eingebüßt, vielmehr zunehmend an Bedeutung gewonnen.

                                                                                                 

Gerald Hartl                                                                                                         Valley, im März 2016

_________________

[1] In der Hafentaverne von Porto Koufo wird Clemens in seinen“Arbeitslumpen, aufgekrempelte Hose, barfuß“ von drei Ingenieuren gefragt: „Was haben Sie denn nun gewonnen mit Ihrer siebenjährigen Abschinderei und Mühsal in Griechenland?“ Seine Antwort: „Was ich gewonnen habe bei all der Mühe, Gnosis habe ich gewonnen, meine Herren, Gnosis - Erkenntnis!“                                                         

 [2] Gemeint ist die Verfilmung des Romans 1959 durch Horst Hächler mit Maria Schell in der Hauptrolle. Die Handlung des Romans wurde im Film bis zur Unkenntlichkeit verändert.

 

post@alfons-hochhauser.de